Resilienz und Resistenz sind zwei Worte, die ganz ähnlich klingen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie auch gerne ähnlich benutzt. Beide haben mit Widerstandskraft zu tun, doch es gibt Unterschiede. In diesem Artikel möchte ich ein paar Punkte davon genauer beleuchten, damit die Vor- und Nachteile klarer werden. Denn Klarheit hilft, das eigene Verhalten ändern zu können.

Resistenz

Wenn ich heute das Wort höre, steigt zuerst das Bild der resistenten Erreger bei mir auf. Multiresistente Keime, die durch unsere verfügbaren Antibiotika nicht mehr zerstört werden können. Erreger, die das darwinsche Auswahlverfahren durchlaufen haben, mit ganz vielen Abwehrraketen befeuert wurden, aber es geschafft haben, immer unter dem Radar durch zu fliegen, also für Antibiotika nicht erreichbar zu sein. Man könnte fast sagen, sie sind unverwundbar.

Unverwundbarkeit finden wir nur bei Superhelden und (Halb-)Göttern, aber selbst die haben meist eine Schwachstelle. Es setzt nämlich voraus, dass ich der Stärkste bin und kein anderes Wesen auf dieser Welt mich bezwingen kann. Seit Darwin hat sich der Irrglaube verbreitet, wir müssten nur unsere Ellbogen besonders tatkräftig benutzen, unser Ego in den Vordergrund stellen und dann können auch wir an die Spitze gelangen. An die Spitze der Horde gelangen ist natürlich gleichbedeutend mit mächtig und glücklich sein. Egal ob als CEO eines grossen Konzerns, Politiker, Sektenführer, oder was auch immer.

Macht und Glück

Macht Macht an sich schon glücklich? Sind mächtige Menschen automatisch an ihrem Ziel? Wenn es ausschließlich darum geht, mächtig zu sein, lassen sich immer neue und höhere Ziele finden. Damit ist man nie am Ziel, kann nie glücklich sein, weil man ja ein noch höheres Ziel noch nicht erreicht hat. Also ständig weiter unterwegs, keine Ruhe finden um das Erreicht zu geniessen. Für mich sieht Glück nicht so aus. Einfluß und Macht können dann gesund sein, wenn ich durch meine Position ein wesentliches Ziel beeinflussen kann. Wenn Trude Müller zum Beispiel gegen die Verklappung von Müll in die Ozeane wettert interessiert das vermutlich wenige. Sobald sie es aber geschafft hat, sich in die Spitze einer Organisation wie Greenpeace hoch zu arbeiten, hat sie schon deutlich mehr Gehör.

Rückblick

Als ich zur Schule ging, bewunderte ich die Jungs, die an der Spitze der Hierarchie standen, den mir war klar, ich werde nie dort stehen. Für mich hatten die Charisma, sahen gut aus, waren eloquent, hatten Freunde und Freundinnen, konnten sich alles erlauben … Ich wollte auch gerne so sein wie sie, aber mir war klar, das geht nicht: Handicap 1; Ich war ein miserabler Ballspieler, egal ob Fuß-, Hand-, oder Basketball – Der Ball und ich passten nicht zusammen und das war wichtig für das Ansehen in der Peergroup. Handicap 2; Ich war immer der Kleinste in der Klasse und von daher per se niemand zu dem die anderen aufschauen konnten. Handicap 3; Ich wollte Anerkennung, aber meine Werte und meine eigenbrötlerischen Eigenschaften wollte ich nie aufgeben. (Nicht umsonst wurde ich schon in der 8. Klasse „Traumtänzer“ genannt.)

Ich war verwundbar, ich war nicht resistent. Ich hatte Komplexe und fühlte mich in bestimmten Zusammenhängen total mies. Aber ich bin nicht daran kaputt gegangen, sondern lernte mit unterschiedlichsten Situationen zurecht zu kommen, meinen eigenen Weg zu finden.

Resilienz

Statt also sich als besonders stark zu fühlen, wissen resiliente Menschen um die eigenen Fähigkeiten und Unzulänglichkeiten. Sie haben gelernt durch Unterstützung dorthin zu gelangen, wo sie alleine nicht hinkommen. Sie vertrauen darauf, dass es mehr als einen Weg zum  Ziel gibt und lassen sich deshalb durch Rückschläge nicht so schnell entmutigen. Sie wissen, dass die Sonne immer wieder zum Vorschein kommt, verlieren also nie ganz den Optimismus. Sie sind der Regisseur des eigenen Lebens und übernehmen dafür auch die Verantwortung, statt diese anderen zu zuschieben. Das heißt sie planen die Zukunft und überlegen, wie sie dorthin gelangen. Durch Rückschläge erweitern sie ihr Repertoire an Handlungsalternativen statt aufzugeben.

Als ich älter wurde sah ich häufig, dass die Menschen, die immer mühelos durch das Leben schwebten es gar nicht so gut hatten. Es war erstaunlich, dass, was für mich ganz normal war, bereitete ihnen Schwierigkeiten: Mit Kritik und Ablehnung kamen sie absolut nicht zurecht. Sie fühlten sich selbst abgelehnt, ihr Wert wurde angezweifelt. Damit konnten sie nicht umgehen, hatten das nicht gelernt. Sie konnten die Kritik an der Sache nicht von sich selbst als Person lösen. Und je länger die Menschen es einfach hatten, nicht mit Rückschlägen umgehen durften, umso schwieriger wurde es für sie später. Die Erfahrungen, die wir als Heranwachsende machen, können wir besser in unser Verhalten integrieren, als die späteren.

Resilienz und Resistenz – Bilder

Die Buddha-Figur, die das Titelbild dieses Eintrags ziert ist ein Beispiel von Resistenz; Hart und aus unnachgiebigem Material. Leider ist er mir am Mittwoch bei einem Seminar zum Thema „Achtsamkeit“ aus meinem Rucksack gefallen und der Boden war noch unnachgiebiger als die Figur. Also brach der Kopf ab. Ein deutliches Bild, das mich schließlich dazu inspirierte, diesen Artikel zu schreiben. Hätte die Figur einen relativ harten Kern gehabt, aber aussen eine nachgiebigere Schicht, eher so wie ein Flummi, wäre der Kopf nicht abgebrochen. Nach der Verformung durch den Aufprall hätte die Figur wieder zu ihrer alten Form zurück gefunden. Das ist das Bild für Resilienz. Deshalb bin ich heute froh, dass ich schon in meiner Kindheit und Jugend mit Schwierigkeiten umgehen durfte. Denn dadurch bin ich nie zerbrochen, sondern darf glücklich und selbstbewusst auch heute durch das Leben gehen.

 

Wenn Du mehr darüber erfahren willst, wie Du Deine Resilienz schulen kannst, oder Du Anmerkungen zu dem Beitrag hast, dann schreibe mir bitte. Ich freue mich auf den Austausch.